Deshalb habe ich im April 2021 eine Facebookgruppe gegründet. Ich wollte zeigen, dass Selbstständige im besten Alter feinstes Silber und noch lange nicht altes Eisen sind und schauen, ob es da draußen auch noch andere wie mich gibt oder ob ich der Einzige bin. Es gibt genügend andere! Wir sind in unserem Netzwerk mittlerweile fast 4000 Mitglieder. Die Gruppe ist sehr schnell gewachsen, da sehr viele Selbstständige älteren Jahrgangs sind. An einem Tag hatten wir 124 neue Mitglieder aufgenommen. Daran merken Sie, dass dieses Thema viele Menschen betrifft.
Dann hat sich die ganze Sache verselbstständigt und ich habe gemerkt: Das wird eine Lebensaufgabe für mich, denn während der Pandemie stellte ich fest, dass die Soloselbstständigen keine Lobby hatten.
Welche Ziele verfolgen Sie? Was wollen Sie erreichen?
Wir wollen unser Wissen und unsere Erfahrung zusammenbringen und uns gegenseitig stärken. Wir geben auch Hilfestellung für Menschen, die sich selbstständig machen wollen. Das Gefühl, nicht mehr alleine, sondern Teil einer großen, starken Gemeinschaft zu sein und dabei in der Gruppe aufgefangen zu werden tut einfach gut und gibt Sicherheit.
Bei uns gibt es einige die sagen: „Ich war mein ganzes Leben selbstständig und habe vergessen, mir einen Freundeskreis aufzubauen.“ Solo heißt nicht nur allein. Es kann auch einsam bedeuten. Wir wollen deshalb wieder mehr Präsenzveranstaltungen durchführen. Gerade Ältere brauchen das, denn sie möchten sich auch mal in den Arm nehmen.
Wir haben auch einen gesellschaftlichen Auftrag. Die vorherrschenden Altersbilder sind so starr und überholt. Die müssen wir einfach aufbrechen. Wir wollen zeigen, dass wir nicht die Exoten sind, sondern dass wir das neue „Normal“ sind. Dass man mit 70 noch rüstig ist und Wissen an die nächsten Generationen weiter vermitteln kann. Umgekehrt ist es genauso wichtig, dass jüngere Mitarbeitende ihr Wissen an die Älteren weitergeben und die Älteren von den Jungen lernen.
Was zeichnet Ihren Verein aus, beziehungsweise was unterscheidet Sie von anderen Vereinen?
Wir unterscheiden uns von den klassischen gemeinnützigen Vereinen. Meistens, wenn man einen Verein gründet, hat das die Intention, dass die Mitglieder gemeinsam etwas unternehmen. Zum Beispiel eine Sprache erlernen, Kindern beim Lernen helfen, Fußball spielen. Wir sind breiter aufgestellt. Wir wollen als Gruppe nicht nur für uns selbst da sein oder ausschließlich als Kämpfer für unsere Rechte auftreten, sondern mit unserem Erfahrungswissen zu einer besseren Zukunft beitragen und selbst mit Taten voranzugehen.
Dazu kommt noch, dass wir als neue Generation der jungen Alten so dermaßen verschieden sind. Wir haben uns ja dazwischengedrängt, zwischen Erwerbstätigkeit und Ruhestand. Wir haben eine enorme Bandbreite an Lebensentwürfen und unser Verein muss diese Bandbreite widerspiegeln.
Wer kann mitmachen?
Jede Person über 50, die selbstständig ist oder sich mit dem Gedanken trägt, selbstständig zu werden. Auch hier spiegelt sich eine große Vielfalt wider: Gerade unter den Soloselbstständigen 60plus gibt es viele, die allein von ihrer Rente nicht leben können. Die Selbstständigkeit ist hier eine gute Ergänzung. Andere sind finanziell gut versorgt und arbeiten noch, weil es Spaß macht. Eine kleine Gruppe von uns war schon immer selbstständig. Ein anderer Teil besteht aus Leuten, die schon um die 40 gesagt haben, das tue ich mir nicht mehr an und deshalb aus dem Angestelltenleben ausgestiegen sind, um sich selbst besser verwirklichen zu können. Und dann sind noch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit 50plus freiwillig oder unfreiwillig aus dem Angestelltendasein ausgeschieden sind und sich fragen: So, und was mache ich jetzt?! Wie bekomme ich das hin, dass ich mein Wissen gut weitervermitteln kann, aber so, dass ich noch gewisse Freiheiten habe? Auch die wollen wir auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit begleiten.
Was ist der Nutzen für Ihre Mitglieder?
Gerade als Soloselbstständige sind wir beruflich sehr auf uns allein gestellt und müssen von der Buchhaltung bis zum Verkauf alles selbst machen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns zusammenschließen und uns gegenseitig unterstützen. Gerade in einer Zeit der schnellen Veränderungen reicht der Tag einfach nicht aus, um überall auf dem Laufenden zu bleiben.
Die Stärke bei uns älteren Selbstständigen ist unser Erfahrungswissen. Unsere Schwachstelle ist meist das Verkaufen. Deshalb wollen wir die SilberPreneure quasi als Marke etablieren und gemeinsam unsere Leistungen anbieten.
Auch beim Thema Fachkräftemangel wollen wir unsere Expertise einbringen. Wir wollen daher ein kompetenter Ansprechpartner für Politik und Wirtschaft sein, um unser Erfahrungswissen noch effektiver einbringen zu können.
Welche Branchen sind vertreten?
Die Zusammensetzung ist bunt gemischt. Eigentlich sind fast alle Branchen vertreten, wobei wir derzeit noch sehr dienstleistungslastig sind.