„Altersbilder und Altersdiskriminierung“

Deckblatt der Studie mit der Aufschrift Ageismus; Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland

Vorurteile gegenüber Älteren

Welche Einstellungen und Haltungen in Bezug auf alte Menschen und das Alter existieren in Deutschland? Um dies herauszufinden und die Ergebnisse wissenschaftlich einzufangen, befragten Wissenschaftlerinnen der Medical School Berlin im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2000 Personen zwischen 16 und 96 Jahren. Die stärksten Unterschiede in den Antworten zeigen sich zwischen jungen Erwachsenen und alten und sehr alten Menschen. Insbesondere im Bereich der Bewertung der gesellschaftlichen Stellung und Produktivität alter Menschen gehen die Meinungen auseinander.

Die Ergebnisse der Studie „Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ zeigen, dass Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber älteren Menschen existieren. Sie verdeutlichen, dass es sehr wichtig ist, sich für differenzierte Altersbilder stark zu machen und die Potenziale älterer Menschen aufzuzeigen.

Solidarität zwischen den Generationen

Die Ergebnisse zeigen auch, dass junge Erwachsene mehrheitlich eine prinzipiell zugewandte Einstellung gegenüber alten Menschen haben. Trotz geringerer Problemwahrnehmung von Altersdiskriminierung (insbesondere im Vergleich zu hochaltrigen Menschen) räumen sie alten Menschen auf Ebene des Alltagslebens und des sozialen Miteinanders besondere Rechte ein, die aus ihrer Sicht alten Menschen zugutekommen. Junge Erwachsene erachten weiterhin das gesellschaftliche Ansehen der Kompetenz alter Menschen als hoch – höher als jenes der eigenen Altersgruppe.

Bewertung durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Ferda Ataman, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, sagte bei der Vorstellung der Zahlen, es habe sie erschreckt, wie verbreitet die Ansicht sei, ältere Menschen sollten sich aus der Gesellschaft zurückziehen. "Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel ist es wichtig, dass wir hier stärker aufklären", sagte Ataman. Doch nicht nur Ältere sind von Altersdiskriminierung betroffen: Jüngere Menschen fühlen sich oft bei der Jobsuche, bei der Karriere, Bank- und Finanzdienstleistungen oder Ehrenämtern benachteiligt.

Rund ein Drittel der Befragten war der Meinung, dass ältere Menschen für die jüngere Generation "Platz machen" sollten (32 Prozent) - und zwar, indem sie wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen für die jüngeren Menschen in Deutschland freigeben. (In Anbetracht des festgestellten und viel diskutierten Fachkräftemangels ist dies schon bemerkenswert.) Immerhin zwei Drittel teilen diese Auffassung nicht. Für ehrenamtlich tätige Mitglieder in Vorständen von Vereinen ist es oft schwierig, jüngere Nachfolgerinnen oder Nachfolger zu finden. Gerade hier wird deutlich, wie wichtig die Älteren für die Gesellschaft und das Engagement sind.

Faktencheck und Mangel an Wissen

Bei der Frage, ab welchem Alter Menschen in unserer Gesellschaft als alt wahrgenommen werden, zeigte sich eine große Spannbreite in den Antworten. Am häufigsten (27 Prozent der Befragten) wurde die Grenze, ab der man in Deutschland als alt bezeichnet wird, mit 60 Jahren angegeben. Im Durchschnitt lag die Altersgrenze bei 61 Jahren.

  • 41 Prozent sind der Ansicht, alte Menschen sollten "sich damit abfinden, dass sie alt sind, anstatt zu versuchen, jung zu wirken".
  • 51 Prozent der Befragten sind für eine Regelung, wonach Menschen nur bis zu einem bestimmten Alter, wie etwa bis 70 Jahre, politische Ämter haben dürfen.
  • 53 Prozent der Befragten sagen, ältere Menschen trügen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt bei.
  • 74 Prozent der Befragten überschätzen den Anteil der älteren Menschen über 70 Jahre in der Bevölkerung erheblich. Am häufigsten wurde er auf 30 Prozent geschätzt – obwohl er bei rund 18 Prozent liegt.
  • •81 Prozent schätzen den Anteil der in Pflegeheimen lebenden Menschen über 70 Jahre viel höher, als er tatsächlich ist. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2019 waren es etwa 6 Prozent. Die Antworten der Befragten reichten von 10 bis hin zu 98 Prozent. Hier zeigt sich ein Mangel an Basiswissen über den demografischen Wandel in Deutschland und es wird deutlich, dass häufig die Befähigung älterer Menschen, selbstständig zu leben, unterschätzt wird.

Empfehlungen für die Politik

Aus den Ergebnissen der Studie „Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ leiten die Autorinnen vielfältige, interessante Empfehlungen ab:

  • Öffentliche, zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Institutionen sollen Angebote machen, die differenzierte und vielseitigere Altersbilder fördern.
  • Älteren Menschen sollte mit ihren Perspektiven auf die Lebensphase Alter in ihrer ganzen Vielfalt im öffentlichen Diskurs eine Stimme gegeben werden.
  • Über wahrgenommene Ungleichheiten zwischen Altersgruppen beziehungsweise Generationen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene sollte ein Austausch erfolgen.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zieht aus den Ergebnissen eigene Schlussfolgerungen, wie den Begriff "Lebensalter" in Artikel 3 des Grundgesetzes aufzunehmen.

 

Weitere Informationen

Antidiskriminierungsstelle des Bundes
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/startseite/startseite-node.html


Studie: Ageismus - Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/altersbilder_lang.html?nn=305458


Zusammenfassung der Studie
Ageismus  Handout zur Studie: Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/altersbilder_kurz.html?nn=305458