Seniorenpolitische Fachtagung der GEW wirbt für positives Altersbild

Deckblatt des Programms mit der Aufschrift "Alterspolitik und soziale Verantwortung"

Das Bild vom Alter verbesern: Eine soziale und politische Aufgabe

Stereotype Altersbilder und Altersdiskriminierung sind in unserer Gesellschaft nach wir vor Existent. Auf der seniorenpolitischen Fachtagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) diskutierten die Teilnehmenden vom 4. bis 6. Juli in Bonn engagiert darüber, wie die Situation der Älteren aktuell in unserer Gesellschaft ist und wie das Bild vom Alter verbessert werden kann.

In vielen Workshops und Fachvorträgen wurde vor allem die Forderung nach Respekt für die Selbstbestimmung Älterer laut und dass die Generationen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Wohlfahrtsstaat versus Freiwilligenarbeit als Ressource

Prof. Dr. Stefan Sell von der Hochschule Koblenz sprach über die soziale Frage: Wohlfahrtsstaat versus Freiwilligenarbeit als Ressource. Er betonte, wie wichtig die Freiwilligenarbeit ist. Am Beispiel der Aufnahme von Menschen, die nach Deutschland flüchteten und der Menschen, die zuhause von ihren Angehörigen gepflegt werden, verdeutlichte er die große Bedeutung der Freiwilligenarbeit. Sie stabilisiere das bestehende System und könne für eine zusätzliche Versorgung in Kernbereichen des Wohlfahrtsstaates sorgen.

 

Blick über den Tellerrand: Welche Rolle spielt Freiwilligenarbeit bei der Versorgung Älterer in Deutschland, Schweden und Japan?

Prof. Dr. Hildegard Theobald von der Universität Fechta warf einen vergleichenden Blick auf internationale Seniorinnen- und Seniorenpolitik und die Sozialversicherungssysteme in den Ländern Deutschland, Schweden und Japan. Alle drei Länder haben Systeme der Versorgung die universell sind. Der größte Unterschied zeigt sich darin, dass in Deutschland die Versorgung durch die Familie das wichtigste Element ist. Der Staat unterstützt dabei zum Beispiel durch das Pflegegeld und ergänzende Dienstleistungen. In Schweden und Japan liegt die Versorgung eher in der öffentlichen Verantwortung und Dienstleistungen spielen eine zentralere Rolle.

Politik für ältere Menschen zukunftsfähig gestalten. Bewährungsprobe in herausfordernden Zeiten

In einer lebhaften Debatte diskutierten Bündnispartnerinnen und -partner aus DGB und BAGSO darüber, wie Politik für ältere Menschen zukunftsfähiger gestaltet werden kann. Digitalisierung und der Umgang mit digitalen Medien spiele hierbei eine große Rolle und ist für viele Ältere immer noch ein Hindernis. Bei den Themen Kommunalpolitik und altersgerechtes Wohnen waren sich alle einig, dass Politik für ältere Menschen eine Querschnittsaufgabe ist, die in viele Politikbereiche hineinspielt. Wichtig sei daher eine gute Vernetzung. Politik sollte mit und nicht nur für Ältere gemacht werden.

In acht Workshops tauschten sich die Teilnehmenden zu den folgenden Themen aus:

  • „Alter(n)sgerechte Arbeit – Lange zufrieden Arbeiten?“ Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, um lange zufrieden arbeiten zu können. Dazu sei es wichtig, verschiedene Möglichkeiten für ein Herausgleiten aus der Arbeit anzubieten und in den Dialog mit den Generationen zu treten. Alt lernt von Jung und umgekehrt.
  • „Leben ohne Internet – geht’s noch?“ Die Teilnehmenden sprachen sich für ein Recht auf ein analoges Leben aus und dafür, zumindest in Ämtern oder Seniorenbüros Personen zu beschäftigen, die Älteren bei digitalen Antragstellungen weiterhelfen.
  • „Pflegezeit für Angehörige. Eine sozial- und gewerkschaftspolitische Verantwortlichkeit“ Die Teilnehmenden unterützen die Forderung einer Lohnersatzleistung, ähnlich dem Elterngeld, als Ersatz für den Ausfall der beruflichen Tätigkeit. Nach den jetzigen gesetzlichen Regelungen wird Pflegezeit nicht bis schlecht abgesichert. Darlehen nach dem Pflegezeitgesetz und dem Familienpflegezeitgesetz seien keine große Hilfe, da sie nach zwei Jahren zurückgezahlt werden müssen.
  • Der Workshop „Altersbilder und ihre Auswirkungen auf zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure“ versuchte aufzuzeigen, dass die in der Gesellschaft vorherrschenden Altersbilder oft nicht den vielfältigen Lebensentwürfen und den Stärken der älteren Menschen von heute entsprechen. Die vielfältigen Altersbilder sollten in der öffentlichen Darstellung (zum Beispiel in Fernsehfilmen) sichtbarer werden.
  • „Repair/do it yourself“ Hier wurden die Vorzüge eines Repaircafés aufgezeigt. Neben einem generationenübergreifenden Austausch können in Repaircafés vermeintlich „kaputte“ Gegenstände wieder funktionsfähig gemacht werden. Diskutiert wurde, wie eigene Potenziale genutzt werden können und wie sie Hilfe zur Selbsthilfe anbieten können. Als Handlungsoption könne man bei einem Repaircafé mitmachen oder selber eines gründen (Hilfen gib es zum Beispiel bei der Stiftung www.anstiftung.de oder beim Netzwerk Reparaturinitiative).
  • In dem Workshop „Intergenerationelles Wohnen: Füreinander und Miteinander“ wurden verschiedene Strukturen gemeinschaftlichen Wohnens vorgestellt. Die Erwartungen in der Gruppe waren so unterschiedlich wie die Wohnformen. Zwei bestehende Wohnprojekte wurden vorgestellt: Eines in Bad Dürkheim: Wohn2Go und die Spiegelfabrik in Fürth.
  • Der Workshop „Mobilität im Alter“ wies auf Probleme hin, die Menschen mit schlechtem Sehvermögen haben, wenn sie zum Beispiel eine Fahrkarte am Automaten ziehen wollen (dort wo es überhaupt noch welche gibt). Zu Automobilität im ländlichen Raum gäbe es kaum Alternativen. Zum Einkaufen seien Ältere in manchen Gemeinden darauf angewiesen, mit dem Schulbus in den nächstgrößeren Ort und wieder zurück gebracht zu werden. In den Ferien fahren die Busse in der Regel gar nicht.
  • Bei dem Thema „Altersarmut bei Frauen: Am Ende kümmert sich keiner um Euch“ stellten die Teilnehmenden fest, dass viele Ältere keine Unterstützung holen und sich immer mehr zurückziehen. Die Gewerkschaft könnte mit Rat und Tat zum Beispiel mit Hilfestellung beim Ausfüllen von Formularen, zur Verfügung stehen.

Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Organisationen sprachen darüber, wie man dem demografischen Wandel begegnen und sich den gesellschaftspolitischen Herausforderungen stellen kann. Das Ergebnis: Um gemeinsam etwas zu bewegen sei es wichtig, dass ältere Menschen ihre Positionen formulieren und mit anderen in den Dialog treten.

Weitere Informationen:

GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
https://www.gew.de/

Anstiftung
https://anstiftung.de/

Netztewrk Reparatur-Initiativen
https://www.reparatur-initiativen.de/

Generationsübergreifdendes Wohnprojekt Fro2Wo
https://wohnprogramm.fgw-ev.de/modellprojekte/froh2wo-ein-generationenuebergreifendes-wohnprojekt-im-frohnhof-ii-bad-duerkheim-bad-duerkheim/

Froh2Wo
https://froh2wo.de/

Spiegelfabrik Fürth - gemeinschaftlichen „Wohnen für Generationen“
https://www.spiegelfabrik-fuerth.org/

Digitalbotschafterinnen und Digitalbotschafter
https://mastd.rlp.de/themen/soziales/gut-leben-im-alter/digitalbotschafterinnen-und-digitalbotschafter

Altersbilder und Altersdiskriminierung
https://www.programm-altersbilder.de/meldungen/detailansicht/news/altersbilder-und-altersdiskriminierung.html

Filmbeirat 60Plus
https://filmbeirat60plus.online/

 

Fotos: Claudius Baritz/BAFzA

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