Falscher Polizeibeamter, falsche Handwerker, falsches Opfer – die neuen Betrugsmaschen gegenüber älteren Menschen

Schriftzug 'Justiz ist für die Menschen da' auf Hintergrund mit blau-weißen Rauten

Foto: Claudius Baritz/BAFzA

„Digitalisierung bietet große Chancen. Sie bietet aber auch große Herausforderungen und Risiken, weil diese Chancen nicht nur die „Guten“ nutzen, sondern auch die Kriminellen. Wir beobachten das sie gezielt das Vermögen älterer Menschen ins Visier nehmen. Täterinnen und Täter nutzen die Sorgen, Ängste und Gutgläubigkeit ihrer Opfer schamlos aus“, sagte am Donnerstag der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich.

Die kriminelle Szene ist sehr kreativ und immer tauchen neue Lock- und Schockszenarien auf, um an Geld und Wertgegenstände vornehmlich lebensälterer Opfer zu kommen. Gemeinsam mit demLeitenden Oberstaatsanwalt, Hans Kornprobst, berichtete Justizminister Eisenreich über die Betrugsmethoden und die Maßnahmen der bayerischen Justiz. Die Staatsanwältin als Gruppenleiterin, Juliane Grotz, und Staatsanwalt Dr. Felix Prokop stellten aktuelle Fälle vor.

Falscher Polizist

Im März vergangenen Jahres wollte eine Bande einen Münchener Rentner um 20.000 US-Dollar erleichtern. Das Geld, so warnte telefonisch ein vermeintlicher "Kriminalhauptkommissar Westermann", sei in der Wohngegend des Rentners nicht sicher und werde vorsichtshalber von einer Kollegin verwahrt. Der Rentner durchschaute den Schwindel jedoch von Anfang an und schaltete die richtige Polizei ein. Als eine Frau das Geld in Empfang nehmen wollte, klickten die Handschellen. Das ist gerade noch mal gut gegangen.

Nicht immer sind ältere Menschen so wachsam, berichteten Strafverfolger der Staatsanwaltschaft München I. Zu den Opfern wird unter dem Deckmantel angeblicher polizeilicher Ermittlungen zunächst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, um anschließend eine erhebliche Gefahrenlage vorzuspiegeln. Die Verängstigten werden so zur Übergabe von großen Geldbeträgen sowie Schmuck und Gold veranlasst.

"Verbotene Liebe"

Über die Ermittlungen in einem besonders krassen Fall berichtete Staatsanwältin Juliane Grotz: Der damals 70-jährige Mann aus München erlag dem Charme der damals 27-jährigen, die sich ihm im Urlaub als „Delphina“ vorstellte und den Abend gemeinsam mit ihm verbringen wollte. Es folgten weitere Treffen am Urlaubsort und nach intensivem Kontakt über Telefon und Kurznachrichten auch ein Besuch in München.

Die Beschuldigte bat den Senior um einen Geldbetrag in Höhe von 230.000 Euro, da ihre Nichte eine lebensnotwendige Lebertransplantation benötige. Sie arrangierte ein Treffen mit einem angeblichen Arzt aus Budapest, der die Erforderlichkeit der Operation bestätigte. Daraufhin überwies der Geschädigte den gewünschten Betrag auf ein Konto, das die ungarischen Behörden bereits gesperrt hatten, da es zu kriminellen Zwecken benutzt wurde.

So konnte das Geld zunächst sichergestellt werden und der Fall hätte an dieser Stelle ein Ende finden können. Aber: Zwei weitere Male versuchte der Senior, entgegen allen behördlichen Warnungen, der Dame 230.000 Euro für die angeblich dringend notwendige Operation zukommen zu lassen. Selbst nachdem die Beschuldigte mit einer elektronischen Fußfessel versehen wurde, hatte der Senior den Glauben an eine gemeinsame Zukunft nicht verloren und schaffte es, der Beschuldigten den Betrag persönlich auszuhändigen.

Seit Februar dieses Jahres sitzt sie in München in Untersuchungshaft.

Diese sogenannten Love Scams (Digitale Heiratsschwindler/-innen) nähern sich im Netz gezielt alleinstehenden Menschen. Sie schaffen eine emotionale Abhängigkeit oder täuschen eine Beziehung vor. Sie schreiben ihre Opfer gezielt über Dating Plattformen oder soziale Netzwerke an und bitten sie mit erfundenen Notlagen um Geld. Manchmal erpressen sie Betroffene mit intimen Bildern oder Videos.

Es muss nicht immer Liebe sein

Oft werden die Hilfsbereitschaft und die Gutmütigkeit älterer Menschen ausgenutzt. In einem der vorgestellten Fälle ließen sich drei Frauen von einer 90-jährigen Seniorin den Lebensunterhalt finanzieren, indem sie ihr verschiedene Notlagen vorgaukelten, die in Wirklichkeit gar nicht bestehen (Kündigung der Wohnung wegen Mietrückständen, dringende Operation einer nahen Verwandten, benötigtes Geld zum Antreten einer Erbschaft, um nur einige zu nennen).

Auch mit Schockanrufen, dem Enkeltrick und als falsche Handwerker versuchen Ganoven, ältere Menschen um ihr Hab und Gut zu bringen. Deshalb appellierte der Minister an die älteren Menschen:

  • Sprechen Sie am Telefon niemals über Ihre finanziellen Verhältnisse.
  • Geben Sie niemals Kontodaten oder Passwörter preis.
  • Schauen Sie im Netz genau hin, wer sie kontaktiert.
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.
  • Beziehen Sie Familie oder Freunde ein.
  • Senden Sie keine intimen Bilder oder Videos.
  • Löschen Sie, wenn nötig Ihr Profil
  • Und vor allem: Zeigen Sie die Täter an.

 

Vorsicht vor falschen Handwerkern und Beschäftigten in der Telekommunikationsbranche

Die Täter stellen sich gegenüber Seniorinnen und Senioren an der Haustür als “Handwerker“ vor und behaupten, sie müssten in deren Wohnungen z. B. die Wasserleitung oder die Internetverbindung überprüfen. In der Wohnung entwenden sie Wertsachen, während die Bewohner abgelenkt werden.

Manche Täter behaupten, sie seien Beschäftigte großer Technologie-Konzerne und wollten Sicherheitsprobleme beheben – via Telefon, Mail oder Internet. Dabei haben es die Kriminellen auf Zugriffsrechte und Passwörter abgesehen, um Geld oder Daten ihrer Opfer zu stehlen.

Schadensbilanz und höheres Strafmaß

Die Schäden sind enorm. Mit dem sogenannten Enkeltrick erbeuteten Täterinnen und Täter in Bayern etwa zwei Millionen Euro, weitere 6,1 Millionen Euro, indem sie sich als falsche Polizisten ausgaben. Es gab im Jahr 2021 allein 4.168 registrierte Schockanrufe in Bayern mit einem Gesamtschaden von 3,7 Millionen Euro.

Die Opfer würden aber nicht nur finanziell, sondern vor allem gesundheitlich geschädigt, sagte Eisenreich. „Es drohen in Folge Angstzustände und Depressionen. Viele Betroffene bringen die Taten aus Scham oder anhaltender Gutgläubigkeit erst gar nicht zur Anzeige.“

Er fordert deshalb einen besseren strafrechtlichen Schutz älterer Menschen vor Vermögenskriminalität. „Wer sich gezielt ältere Menschen als Opfer auswählt und deren Schwäche bewusst ausnutzt, muss mit härteren Strafen rechnen. Die altersbedingte besondere Verletzbarkeit von Seniorinnen und Senioren muss im Strafgesetzbuch ausreichend berücksichtigt werden.“

Weitere Informationen
 

"Rate mal, wer dran ist!"

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine Publikation herausgegeben, die über die typischen Tricks von Kriminellen informiert. Sie gibt Tipps, wie Sie sich gegen diese kriminellen Machenschaften schützen können und wie Sie vorgehen sollten, wenn doch etwas passiert ist.

Hier können Sie die Publikation herunterladen:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/-rate-mal-wer-dran-ist--77488